Wenn man wie ich zum ersten Mal in Uganda, ja – es sei hier eingestanden – in Afrika überhaupt steht, so ist man überwältigt von sozusagen allem.
Der erste und wohl stärkste Eindruck: Die gewaltigen Gegensätze! Unbeschreibliche landschaftliche Schönheit wechselt unvermittelt zu städtischem Chaos; hemmungslos zur Schau gestellter Reichtum begegnet bitterer Armut; Inseln funktionierender, modernster Infrastrukturen wechseln ab mit dörflicher Prekarität.
Der zweite Eindruck: Unsere eine Welt, die wir als Menschheit gemeinsam bewohnen und bewirtschaften, besteht in Wirklichkeit aus vielen Parallelwelten, zwischen denen zu navigieren und vermitteln wenigen gegeben ist. Ich meine damit nicht die Heerscharen von Touristen, die jedes Jahr von der einen Weltecke in die andere eilen und wieder zurück; dabei im Schalenkoffer ihre Welt mitschleppen und nie ablegen, und die Fremde durch den Sucher ihrer Kameras sich besehen. Echte Grenzgänger gibt es wenige. Zu ihnen gehören der Gründer von Kids of Africa, Burkhard Varnholt und seine Frau Salome Grisard, sowie das Team, das die Arbeit professionell begleitet.
Mit grossem Elan haben sie an einem wunderbaren Fleck ugandischer Erde ein kleines Dorf errichtet; von Beginn weg konsequent auf die Einbindung ugandischer Behörden und Mitarbeiter geachtet und damit ein modellhaftes, kleines Unternehmen gegründet, das hoffentlich eines Tages ganz von ugandischer Hand geführt werden wird und leben kann. Nicht nur geben sie knapp hundert Kindern Wohnraum, zu Essen und sorgen sich um die Schulbildung; sie fördern auch ugandische Mitarbeiter in ihren Aufgaben. Dabei achten sie auf die örtlichen Gepflogenheiten und lassen, wenn immer möglich, die Aufgaben lokal gelöst werden.
Neue Projekte…
Hier, am Nordufer des Viktoriasees, kümmert man sich wenig um das, was war. Die Aufmerksamkeit gilt ganz den aktuellen Problemen einerseits, die jeder Tag mit sich bringt; andererseits der Frage, wie das Kinderdorf langfristig gesichert werden kann.
So ist die Frage der Grundschulbildung jetzt aktuell, nachdem die ersten Kinder ins Schulalter kommen.
Bisher hat die Hoffnung, eine längerfristige Partnerschaft mit einer guten, bestehenden Schule zu finden und einzugehen, sich nicht erfüllt. Auf einem Stück Land, das dem ugandischen Verein gehört, soll deshalb eine Schule errichtet und in das staatliche Schulprogramm eingepasst werden. Die eigene Schule garantierte die bestmögliche Förderung der aufgenommenen Kinder. Dadurch bestünde Hoffnung, dass sie einmal als Erwachsene Verantwortung übernehmen können.
7-jähriges Jubiläum…
Der unbestrittene Höhepunkt unseres Besuchs war die Feier zum Siebenjahrejubiläum am 19. Oktober. Ganz von der örtlichen Staff organisiert, brachte der Tag allen Beteiligten Freude und Ermutigung. Den Startschuss gab eine rhythmisch eindrucksvolle Blaskapelle, die nicht nur um die Häuser des Kinderdorfs zog, sondern auch durch die umliegenden Strassen. Dann stand Sport auf dem Programm: Beim Seilziehen, Eierlaufen und den Stafetten wurde dem Gegner nichts geschenkt. Nach einem gediegenen Mittagessen an farbig dekorierten Tischen begann der Reigen der Reden mit dem Gebet einer Uganderin, die in Kampala eine Schule betreibt.
Unter anderen sprachen auch «Dr. Burkhard», sowie der ugandische Minister für Ethik und Integrität. Seine eindrucksvolle Rede zur Aidsproblematik war nicht ohne Selbstkritik. Zum Schluss schnitt er zusammen mit dem Leiter des Kinderdorfs, Tage Budolfsen und Burkhard Varnholt den Geburtstagskuchen an. Nach dem offiziellen Teil ging das Fest weiter für Kinder und Angestellte bis spät in die Nacht. Vor allem die seltsamen Verrenkungen der Muzungu beim Tanz sorgten für viel Heiterkeit bei den Einheimischen.
Das Beispiel von Kids of Africa zeigt eindrücklich, was an Not-Wendigem entstehen kann, wenn eine Gruppe bemittelter Menschen – bemittelt nicht einfach in materiellem Sinne, sondern auch und vor allem in Bezug auf berufliches Know How, Begabungen, emotionale und soziale Kompetenz, etc. – sich entscheidet, das ihnen Gegebene mit anderen zu teilen, die nicht dieselben Möglichkeiten geschenkt bekommen haben.
Es ist meine Hoffnung und mein Gebet, dass viele sich den Kids of Africa-Pionieren anschliessen und damit den langfristigen Nutzen, den das Werk jetzt schon zeigt, sicherstellen.
Beste Grüsse
Heiner Schubert
Pfarrer und Theologe
Communität Don Camillo
Montmirail
www.doncamillo.ch