Was Ihre Spende bewirkte
Das Jahr 2020 zeigte sich für Kids of Africa in vielen Farben des Lebens. Es bündelte schöne, schwierige aber auch tragische Momente. Und weil der Grad dazwischen manchmal schmal verlief, werden unsere Schützlinge und Familien dieses Jahr wohl nicht vergessen.
Ich will Ihnen gerne in diesem Jahresrückblick 2020 berichten, was Ihre Spende bewirkte.
Dass, trotz aller Not, viel Gutes geschah, das ist auch Ihr persönlicher Verdienst. Dafür will ich Ihnen den herzlichen Dank Ihrer Schützlinge senden! Seien Sie versichert: Ihre grosszügige Spende weiss niemand mehr zu schätzen als diese jungen Menschen. Besonders in diesem Jahr. You mean the world!
Die Pandemie erreichte Afrika vergleichsweise mild. Präventiv reagierte Uganda mit einem strengen, ganzjährigen Lockdown. Unter der mittellosen Slum-Bevölkerung forderte dieser einen hohen Zoll. Sei es aus Armut oder Sorge – viele Krankheiten, wie Malaria oder Cholera blieben unbehandelt, kosteten Leben, die sonst hätten gerettet werden können.
Vor diesem Hintergrund wurde Nothilfe, «Reaching-out» – neben der Fürsorge für unsere Schützlinge – zu unserer zweiten Priorität. Denn niemand lebt auf einer Insel. Wir alle wurden dieses Jahr Teil einer akuten Notgemeinschaft.
Facetten eines schweren Jahres
- Sämtliche Schulen Ugandas sind seit Februar und bleiben bis zum Jahreswechsel geschlossen.
- Ugandas wichtigster Wirtschaftszweig, der Tourismus liegt am Boden. Sämtliche Herbergen, Nationalparks, der Flughafen bleiben bis 2021 geschlossen. Viele werden nicht mehr öffnen. Jobs und Einkommen für zahllose Familien gingen verloren.
- Etwa zwei Millionen Menschen verloren ihre Wohnstätten, aufgrund der intensivsten je gemessenen Regenfälle und wegen des Ansteigens des Victoria-Sees.
- Flutungen und extreme Feuchtigkeit bewirkten einen extremen Anstieg an, teils tödlichen Fällen von Malaria, Cholera und Bilharziose.
- Die grösste je dokumentierte Heuschreckenplage vernichtete Ernten und vervielfachte die Preise wichtiger Grundnahrungsmittel.
- Ein Teufelskreis aus Armut, Mangelernährung und unreinem Wasser
betrifft vor allem die Schwächsten – Kinder, Arme, Alte.
Ihr Engagement für die Schwächsten
Als Antwort auf dieses «Annus horribilis» verdoppelten wir unsere Anstrengungen in- und ausserhalb unseres Dorfes:
- Notfallplan: rasch brachten wir unsere Schützlinge aus ihren Schulen ins Dorf und nahmen zusätzliche, besonders gefährdete junge Menschen im Dorf für die Dauer des Lockdowns – der bis heute anhält – auf.
- Ein täglicher Rhythmus aus Arbeit, Sport, Spiel, Lernen und Ruhepausen wurde detailliert geplant und diszipliniert umgesetzt.
- Selbstversorgung: unter erfahrener Anleitung durch unsere Direktoren übernahmen unsere Schützlinge die Aufgabe mit unserer Farm die Selbstversorgung für etwa 150 Dorfbewohner sicherzustellen. An dieser Erfahrung, die sie erfolgreich meisterten, wuchsen und reiften sie. Mehr als an irgendeiner anderen Lebenserfahrung.
- Reaching-out: es war das Leitmotiv des Jahres 2020. Denn selten war die Not für viele grösser. Ich will diesen unerwarteten Schwerpunkt ein wenig ausführen. Denn er hat uns alle geprägt und gefordert.
«Flying Teachers»: Bildung, Nahrung und Hilfe zur Selbsthilfe für Kinder, Eltern und hilfsbedürftige Familien
Seit Februar sind Schulen und Universitäten in Uganda geschlossen. Es gibt zwar mittlerweile ein paar kleine Lockerungen. Doch Ugandas kinderreiche Familien sind täglich gefordert. Viele sind zurückgefallen in die Armutsfalle. Die meisten Familien verloren Jobs, Einkommen und Reserven.
Natürlich kann aktuell fast niemand in dem 40-Millionen Land noch Schulgebühren zahlen. Im Durchschnitt bewohnen zehn Familienmitglieder einen einzigen, engen und dunklen Raum. Wenn dann noch jemand krank wird – was angesichts der prekären Verhältnisse fast immer der Fall ist – wird es zermürbend. Nach sechs Monaten Lockdown gerät auch das grösste Improvisationstalent an seine Grenzen.
In dieser Situation konnten und wollten wir nicht Zuschauer sein. Natürlich gilt unsere tägliche Verantwortung dem Wohl der über hundert Waisenkinder, die im Kinderdorf seit über fünfzehn Jahren leben. Aber kein Mensch ist eine Insel – und unser kleines Kinderdorf ist es ganz gewiss nicht. Aktive Nachbarschafts- und Sozialhilfe war schon immer Teil unseres Selbstverständnisses. Wir wollen und können einen Unterschied machen, egal wie klein oder gross. Denn jedes in Not geratene Kind oder Familie, der wir auf eigene Beine helfen können, zählt. So die Absicht.
Weil online-Unterricht in Uganda verboten ist, beschlossen wir, von den zahllosen, arbeitslos gewordenen Lehrern, einige temporär einzustellen. Wir nennen sie «Flying teachers». Es ist eine einfache Idee. Während das Betreten von Schulgebäuden in Uganda verboten ist, sind distanzierte Ansammlungen von bis zu 10 Personen im Freien gestattet. Also organisierten wir ein landesweites Programm, um unsere «Flying Teachers» in kleinen Gruppen von maximal 10 Personen in besonders hilfsbedürftigen Gemeinden unter freiem Himmel einzusetzen. Insgesamt engagierten wir etwa 300 Lehrkräfte. Was uns zu einem der grössten Arbeitgeber während der Lockdowns machte. Umso mehr, musste das Projekt gut geplant werden. Wir gingen in drei Schritten vor:
- Zunächst organisierten wir alle erforderlichen, staatlichen Bewilligungen. Auf keinen Fall konnten wir uns eine Übertretung der strengen Lockdown-Regeln leisten.
- Sodann besuchten wir besonders hart geprüfte Gemeinden – Strassenkinder, junge Slumbewohner, alleinstehende Elternteile, Flüchtlinge, Familien, deren Häuser vom Hochwasser zerstört wurden und solche in grosser Not.
- Vor Ort eruierten wir die Übereinstimmung zwischen den dringendsten Bedürfnissen und unseren Hilfsangeboten. Dabei zeigten sich rasch vier Prioritäten:i. Schulbildung
ii. Sozialhilfe
iii. Medizinische Notfälle
iv. Nahrung
Natürlich übersteigen Bedürfnisse unsere Möglichkeiten. Das zwingt uns täglich zu schwierigen Abwägungen. Aber wir tun einfach unser Bestes, fokussieren auf möglichst nachhaltige Hilfe zur Selbsthilfe. So unterrichteten unsere «Flying Teachers» etwa 3’000 Schülerinnen und Schüler. Auch Eltern nahmen teil und starteten anschliessend ähnliche Selbsthilfegruppen. So zog unser kleines Projekt laufend grössere Kreise. Jeden Tag organisieren wir Nahrungsmittellieferungen, welche gemeinsam mit Eltern oder anderen zubereitet werden. So haben wir in den letzten Monaten täglich für etwas mehr als 7’000 hungrige Menschen eine tägliche Mahlzeit zubereitet – die einzige, für die meisten.
Diese Programme wurden von der lokalen Bevölkerung aufgesogen wie ein Schwamm. Die Dankbarkeit ist enorm. Der Impact sichtbar – in einigen Fällen lebensrettend. Wobei eine tägliche Hauptsorge war, dass sich nicht zu viele Menschen versammelten. Damit wir unsere Bewilligungen nicht gefährden würden. Das hat uns dieses Jahr geprägt.
Sozialhilfe: Hebel zur nachhaltiger Selbsthilfe
Die Stärkung von Familien, der Schutz von Frauen und Kindern, die Verbesserung von Hygiene oder die Förderung landwirtschaftlicher Kooperativen waren exemplarische Aspekte unserer ad hoc Sozialhilfe.
Diese Themen sind uns vertraut. Hier konnten wir unsere Erfahrung in besonders schwachen Gemeinden zum Wohle vieler einbringen. Zum Beispiel unterstützten wir in vier ländlichen Gemeinden die Gründung landwirtschaftlicher Kooperativen, bildeten aus und erhöhten nicht nur die Produktivität, sondern auch die Ertragskraft von Kleinstbauern. So entstand – dank Ihrer Hilfe – wirtschaftliche Resilienz und nachhaltige Entwicklung.
Zwei weitere Beispiele unserer Sozialarbeit betrafen Probleme der häuslichen Gewalt und der Ausnützung von Minderjährigen – beide nahmen in Uganda dieses Jahr deutlich zu. Unsere erfahrenen Sozialarbeiter organisierten zu diesen Themen gezielte Workshops mit lebenspraktischen aber auch juristischen Hilfestellungen für betroffene Frauen und Kinder.
Gesundheit: Nothilfe, auf die es ankommt
Hilfe für Menschen in gesundheitlicher Not zählt eigentlich nicht zu den Kernkompetenzen von Kids of Africa. Aber manchmal muss man handeln und nicht zaudern. Vor allem, wenn wir mit relativ einfachen Massnahmen einen Menschen retten können. Besonders, wenn wir durch Hygiene und Ausbildung die Prävention von Krankheiten fördern können.
In Uganda starben dieses Jahr eine vielfache Anzahl Menschen an Cholera und Malaria als an der Corona-Epidemie. Mit ausserordentlichen Hilfsmassnahmen zu Hygiene, Trinkwasser, imprägnierten Malaria-Netzen und der Finanzierung lebensrettender Therapien (z.B. Malaria) schützte Kids of Africa Menschenleben und stärkte die Resilienz grosser Gemeinden. Konkret finanzierten wir den Bau und Betrieb von vier neuen Brunnen, welche für mehrere tausend Menschen sauberes Trinkwasser aus etwa 50 Meter Tiefe pumpen.
Es ist tragisch, dass es so weit gekommen ist. Aber für Menschen, deren Leben gerettet wurde, bedeutet Ihre Spende die Welt. Denn Sie, beziehungsweise Ihre Spende konnte Menschen retten als sonst niemand für sie da war.
Aktuelle Lehrstellen und Jobs
Einige Schützlinge von Kids of Africa erreichten dieses Jahr das Lehralter. Glücklicherweise durften wir manche Baustellen – so den Bau einer Berufsschule in Buhweju und den Bau einer Primarschule in Luwero – im Sommer wieder aufnehmen. Dabei konnten wir wertvolle Jobs und Lehrstellen schaffen:
Lehrstellen und handwerkliche Jobs (ohne Lehrer), welche Kids of Africa ausserhalb des Kinderdorfes unterhielt:
You mean the world!
Mit diesen Zeilen, Zahlen und Bildern wollte ich Ihnen im Jahresrückblick vermitteln, wie und weshalb Ihre Spende nie wertvoller wirkte als heute!
Leider – das ist die finanzielle Schattenseite – gaben wir im Jahr 2020 auch deutlich mehr Geld aus als Kids of Africa erhielt. Aber wir wollen nicht klagen. Unseren Schützlingen geht es gut. Für viele, viele Menschen – vor allem randständige Kinder und junge Familien in grosser Not – war dies ein heller, nährender Lichtstrahl in dunkler Zeit. Der finanzielle Preis ist nur gross für unseren Verein. Doch er wirkt klein im Vergleich zum humanitären Gewinn. Hoffentlich wird das nächste Jahr einfacher. Vielen Dank.
Ich danke Ihnen, im Namen zahlreicher Schützlinge, sende Ihnen herzliche Grüsse und die allerbesten Wünsche zur bevorstehenden Weihnachtszeit. Bleiben Sie gesund!
Stets Ihr
Burkhard Varnholt