Liebe Freunde
Diese Zeilen schreibe ich nach einer kurzen Reise nach Uganda. Es gibt immer viel zu berichten und zu tun, in Kids of Africa. Ein paar aktuelle Herausforderungen will ich kurz schildern.
Ferienplanung
Dieser Entscheid stellt Schüler und Familien vor zwei Probleme: erstens muss der unverändert geforderte Schulstoff nun in kürzerer Zeit studiert werden.Zweitens muss die um zwei Wochen verlängerte Ferienzeit sinnvoll gestaltet werden. Bei Kids of Africa geschieht das folgendermassen: alle schulpflichtigen Schützlinge wählen für die Ferienzeit einen ihrem Alter gerechten Arbeitseinsatz. Zur Auswahl stehen Farm, Tierhaltung, Küche, Holzwerkstatt, Infrastruktur und Umgebungsanlagen.
In allen Bereichen werden strukturierte Arbeitspläne für die Feriendauer erarbeitet.
Im Durchschnitt soll jedes Kind unter der Anleitung eines Erwachsenen etwa einen halben Tag in seinem Bereich aktiv mithelfen und lernen. Aktuell beteiligen sich beispielsweise in der Farm viele kleine Hände am Einholen einer guten Ernte. Es ist für Jung und Alt eine schöne Gemeinschaftsarbeit. Neben landwirtschaftlicher Kompetenz fördert sie auch den Respekt untereinander und vor den Zyklen der Natur. In der Küche wird gerüstet, geputzt und verarbeitet; natürlich bildet die Küche auch immer einen sozialen Mittelpunkt, wo viel geredet und gelacht wird. In der Werkstatt lernen unsere älteren Kinder, selbstständig Möbel zu reparieren oder sogar zu bauen. Die Umgebungsanlagen werden geputzt, geprüft und ausgebessert.
Für die zweite Tageshälfte dürfen sich alle Kinder in verschiedenen Sportarten eintragen. Die beliebtesten Sportarten sind Fussball, Tag Rugby, Leichtathletik und Trampolin-Turnen. An Trainern mangelt es fast nie. Oft trainiert ein älteres Kind, manchmal auch ein Angestellter oder Menschen aus der Nachbarschaft. Doch die Logistik und Organisation dieser vielfältigen Aktivitäten für knapp hundert Kinder ist eine Aufgabe, an der wir jedes Jahr ein wenig zu wachsen glauben.
Neue NGO-Politik
Die ugandische Regierung hat sich in Kooperation mit Unicef zu einer Stärkung der Familien-orientierten Unterstützung von obdachlosen oder verwaisten Kindern bekannt. Die neue NGO-Politik Uganda’s stellt auch eine Anerkennung für die jahrelange Arbeit von Kids of Africa dar. Denn der Ansatz, Waisenkindern in Pflegefamilien eine dauerhafte, stabile und sichere Heimat zu geben, illustriert exemplarisch das Ziel dieser Politik.
Doch mit der Anerkennung kommt auch mehr Verantwortung. Der jüngste NGO-Bericht, der in der ugandischen Tagespresse intensiv diskutiert wird, legt eine erschreckende Schattenseite der bis dato zu lückenhaften Überwachung von Kinderhilfsprojekten offen. Über 95% aller NGO’s sind demzufolge nicht reguliert. Zugleich belegen Statistiken, dass Uganda aufgrund der Nicht-Ratifizierung des Den Haager Abkommens zur Regulierung internationaler Adoptionen eine dramatische Zunahme an Adoptionen ugandischer Kinder, vor allem in die USA, erlebt. Diese Entwicklung löst berechtigte Sorgen aus. Kids of Africa hat diese Missstände in Uganda seit Jahren thematisiert. Nun kündigt die Regierung im Rahmen ihres Wahlkampfes eine konsequente Schliessung von nicht-regulierten Hilfsorganisationen an. Selbst wenn die Ankündigung nur langsam durchgesetzt wird, so ist schon heute absehbar, dass die Regierung Kids of Africa um eine Aufstockung unserer Kapazitäten ersuchen wird.
Unsere «neuen» Schützlinge
Das bringt mich zu einem kurzen Kommentar zu unseren neuesten Schützlingen. Alle fünf sind auf gutem Weg der Rekonvaleszenz. Bezeichnenderweise wurden sie uns durch den Staat nach der Schliessung von sogenannten Kinderhilfswerken überantwortet, welche erstens nicht registriert waren und zweitens in erster Linie internationale Adoptionen vermittelten.
Körperlich sind alle fünf Schützlinge heute gesund.
Sie erreichten uns primär mit Mangelernährung aber ohne chronische Krankheiten. Psychisch haben sich die jüngsten Kinder bestens eingelebt, während die zwei älteren noch traumatisiert sind. Doch dürften sie diese Traumatisierung bald überwinden. Die Freude und das Verantwortungsbewusstsein, mit welchem die älteren Kinder von Kids of Africa diese neuen Babies aufgenommen haben, ist berührend. Sie tragen sie und sorgen sich um sie als seien sie natürliche Geschwister. Das ist die schönste Bestätigung, dass eine gute Familie eben wirklich die beste Heimat für jeden jungen Menschen ist!
Unsere «ältesten» Schützlinge
In einem längeren Gespräch mit unseren ältesten Schützlingen (16 bis 17 Jahre) wurde mir eines wieder deutlich.
Unter gar keinen Umständen würden unsere Schützlinge sich jemals eine Emigration vorstellen können.
Sie alle schauen mit gespannter Neugier und Optimismus in ihre persönliche und berufliche Zukunft in ihrem Heimatland Uganda. Sie haben bis heute viel erworben. Das wird ihnen niemand mehr nehmen. Bald werden sie in der Lage sein, eine echte Stütze für ihre Gesellschaft zu werden. Das ist letztlich ein Mosaikstein, der nicht nur Uganda, sondern auch Europa indirekt hilft.