Was uns stark macht
Liebe Freunde
Kürzlich las ich in den Tagebüchern von Anne Frank. Dort schreibt sie «Niemand ist durch Geben je arm geworden.» Der Satz liess mich demütig innehalten. Anne Frank, die – einer Sternschnuppe gleich – alles für ihre Nächsten gab, sogar ihr junges, unschuldiges Leben. Sie war zutiefst beseelt von der Kraft der Liebe, die gibt, ohne zu fordern, die schützt, schafft und stärkt.
Manchmal – ohne damit einen Vergleich zu Anne Frank zu wagen – spüre ich diese Kraft bei unseren Schützlingen. Ich will von einigen berichten.
Heimliche Helden, Künstler und L(i)ebe(n)sbotschafter
Joseph
Da ist zum Beispiel Joseph. Er ist Künstler und Vorbild für viele. Wenn er Gitarre spielt und singt, spürt man seinen Willen, mit Musik über sein Inneres zu sprechen. Oft singt er über die Liebe. Womit er nicht das Frühlingserwachen von Teenagern meint, sondern die Kraft, die Berge versetzt, ohne welche gar nichts geht.
Manchmal findet sich dann unversehens eine kleine Schar junger Zuhörer. Wo er das wohl herhat? Von unserer Direktorin, Dorte Budolfsen? Ihr ganzes Leben lang hat sie immer ein Lied auf den Lippen. Sonntags spielt sie oft auf ihrer Veranda Lieder von Joan Baez oder Volkslieder. Sofort schart sich dann eine kleine Gruppe von Kindern um sie, die hört, schaut und schwelgt. Magic Moments. Musik bewegt und verbindet. Wer sie teilt, wird dadurch auch reicher.
Mary und Ian
Hier sind zwei wunderbare Stipendiaten von uns – Praise Mary und Ian Akumbona. In ihrer Kindheit erlebten beide Not, auch Gewalt. Sie zählen zu den insgesamt tausend Stipendiaten, die seit letztem Jahr von uns ein Vollzeitstipendium erhalten. Ihnen allen hat dieses Stipendium ihr Leben verändert. Sie lernen nicht nur Lesen, Schreiben, Rechnen und Sprache. Sie festigen Vertrauen, pflegen Freundschaften, Sozialkompetenz und geben an ihr Umfeld viel zurück.
Praise Mary will Krankenschwester werden. Sie will anderen Menschen helfen, so wie sie versucht hat, ihren Eltern und Geschwistern zu helfen. Was sie von uns in Form eines Stipendiums erhielt, hat sie bereits um ein Vielfaches weitergegeben. Wie das? In Form von tatkräftiger Liebe, Zuwendung, Unterstützung. Und all das, hat Mary reicher gemacht. Genau darum geht es.
Ian Akumbona hat viele Geschwister und nur eine Grossmutter, die vor seinem Stipendium zu ihm und seinen Geschwistern schaute. Auch Ian ist ein bescheidener junger Mann mit einem starken, inneren Motor. Er arbeitet, weil er zurückgeben will. Er kennt existenzielle Not. Nun hilft Ihre Unterstützung, damit er sich und anderen helfen kann. Und das wird ihm gelingen. Mit Fleiss, Empathie und Leistungsbereitschaft arbeitet er. Er ist ein Vorbild. Und unterstützt damit auch seine Lehrer, Schule, Freunde und Familie.
Ian Akumbona ist ein «Geber». Einer, der gibt, weil Sie, liebe Freunde, ihm viel geschenkt haben – trotz eines schlechten Starts ins Leben. Wir kennen das. Einer, der mehr gibt als erhält. Einer, der positive Kreisläufe schafft, den das Geben reicher – nie arm gemacht hat. Genau darum geht es.
Stipendien für die Ärmsten der Armen
Seit dem Fast-Kollaps von Ugandas Schulsystem haben wir bei Kids of Africa für etwa tausend hilfsbedürftige Schüler Stipendien ausgelobt. Wir unterstützen die Vulnerabelsten der Armen – und mehr als 60 ländliche Schulen. Jedes Stipendium zieht Kreise – wie ein Stein, den wir ins Wasser werfen.
Finanziell uns ist das eine enorme Herausforderung. Doch der Erfolg gibt ihr Recht. Jedes Stipendium verändert ein Leben nachhaltig. Jeder Franken kommt an. Auch darum geht es. Dafür verbürge ich mich.
Anschlag auf eine ugandische Schule
Kürzlich haben Sie vielleicht von einem furchtbaren Anschlag auf eine Schule in Uganda gelesen. Die Attentäter kamen und verschwanden wieder in die benachbarte Republik Kongo. Dort kommt das Leben seit Jahren nicht zur Ruhe. Auch, weil Stellvertreterkonflikte Terroristen unterstützen. Während wir nicht unmittelbar betroffen waren, hat uns der Anschlag zutiefst erschüttert.
Wir kennen die Region gut, fördern auch dort eine Schule und Stipendiaten. Sollten wir deshalb unsere Arbeit einstellen? Nein. Das wäre die falsche Antwort. Gerade heute benötigen die Vulnerabelsten der Armen Liebe, Kraft und Unterstützung. Auch, wenn vieles nicht in unseren Händen liegt. Wir danken Ihnen für Ihre Hilfe.
Ich wünsche Ihnen einen guten Sommer. Mit herzlichen Grüssen von über 1000 Schützlingen aus Uganda.
Stets Ihr
Burkhard Varnholt